Foodpairing: das Geheimnis der Aromen
Foodpairing ist eine riesige kulinarische Spielwiese, auf der sich in der Anfangszeit vor allem die Spitzengastronomie ausgetobt hat. Eines der legendärsten (ersten) Gerichte dieses Trends ist sicher die aufsehenerregende Kombination aus Kaviar und weißer Schokolade des Briten Heston Blumenthal, Küchenchef und Inhaber des Sternerestaurants „The Fat Duck“ in Bray, Berkshire. Doch warum funktioniert Foodpairing so gut, obwohl dort Zutaten verpaart werden, die auf den ersten Blick nicht zusammenpassen? Das Geheimnis liegt in der Harmonie von Aromen, hinter der eine ganz eigene Wissenschaft steckt. Doch Foodpairing braucht kein Studium, sondern vor allem Experimentierfreude.

Was ist Foodpairing?
Sehr kurz zusammengefasst bezeichnet Foodpairing die Kunst, Lebensmittel so zu kombinieren, dass ihre Aromen harmonieren und ein neues, genussvolles Geschmackserlebnis entsteht. Berühmte Foodpairing-Beispiele sind Leberpastete mit Jasminblüten, weiße Schokolade mit Kaviar und Austern mit Kiwi. Die Schöpfer dieser verwegenen Kreationen sind der Parfümeur François Benzi, der britische Sternekoch Heston Blumenthal und der Agraringenieur Bernard Lahousse. Sie haben das Konzept des Foodpairings Anfang dieses Jahrhunderts populär gemacht und, im Fall von Lahousse, zu einer regelrechten Wissenschaft der Aromen weiterentwickelt. Als Co-Autor hat er das Buch „Die Kunst des Foodpairing“ herausgebracht, das sich mit nicht weniger als 10.000 Geschmacks- und Aromakombinationen beschäftigt und mehr Genuss in der Küche verspricht.
Fun Fact: Eine Empfehlung für dieses ungewöhnliche Kochbuch spricht eine noch ungewöhnlichere „Behörde“ aus. Das Bonner Bundesamt für magische Wesen – dahinter steckt eine Gemeinschaft von Fantasy-Autoren – weist darauf hin, dass die darin veröffentlichten Rezepte „die geistige, seelische und körperliche Unversehrtheit junger Dschinnen, Vampire, Elfen und Werwölfe stabilisieren und bereichern können“. Sollten Sie sich nicht zu einer dieser Zielgruppen zählen, so können Foodpairing-Rezepte aber zumindest Ihr kulinarisches Repertoire bereichern.
Beim Foodpairing geht's immer der Nase nach
Möglicherweise fragen Sie sich jetzt, wie François Benzi dazu kam, Leberpastete mit Jasminblüten zu kombinieren. Angeblich begab es sich, dass der Parfümeur mit der feinen Nase beim Schnuppern an einer Jasminblüte glaubte, ein Aroma von Leberpastete auszumachen. Er experimentierte mit dieser Kombination in der Küche und servierte das Ergebnis im Freundeskreis, dem es offenbar schmeckte. Gegensätzliche Aromen auf unerwartete Art miteinander zu paaren, setzt also zunächst Experimentierfreude voraus (und Humor, wenn Sie uns fragen). Noch wichtiger ist allerdings die Nase. Sie kommt ins Spiel, wenn wir Foodpairing wissenschaftlich betrachten und die Frage nach den perfekten Geschmackskombinationen beantworten wollen.
Foodpairing ist gleichzusetzen mit Flavourpairing, was nichts anderes bedeutet, als Zutaten miteinander zu kombinieren, die bestimmte Aromakomponenten gemeinsam haben. Um diese Komponenten zu identifizieren, werden Lebensmittel mit modernsten Labormethoden untersucht. Basierend auf den Analysen werden für jede Zutat spezifische Aromaprofile erstellt, die die dominanten Duftstoffe hervorheben. Teilen verschiedene Lebensmittel ähnliche sogenannte Schlüsselaromen, harmonieren sie oft gut miteinander. Beispielsweise haben Schokolade und Blauschimmelkäse mehr als 70 gemeinsame Aromaverbindungen, was ihre überraschend gelungene Geschmackskombination erklärt. Und an dieser Stelle kommen wir zurück zur Nase. Denn die vielen Aromen und ihre perfekte Verbindung nehmen wir nicht mit der Zunge wahr. Sie erkennt mit süß, sauer, salzig, bitter und umami nur fünf Geschmacksrichtungen. Unser Riechorgan hingegen ist in der Lage, eine Vielzahl von Aromen zu differenzieren, und prägt unser Geschmacksempfinden deshalb maßgeblich.
Welche Lebensmittel passen beim Foodpairing zusammenpassen?
Die Liste der Lebensmittel, die aufgrund gemeinsamer Aromaverbindungen zusammenpassen, ist praktisch endlos. Um eine perfekte neue Foodkreation zu erschaffen, müssen Sie aber weder Lebensmittelchemiker noch Sternekoch sein. Foodpairing-Tabellen finden sich in einschlägigen Büchern, und digital lassen sich Lebensmittel mit gleichen Schlüsselaromen über eine Software oder eine Foodpairing-Datenbank ermitteln. Ein beliebtes Werkzeug sind auch die von Bernard Lahousse mitentwickelten „Food Pairing Trees“ (Foodpairing-Bäume), die im Stil einer Mindmap Lebensmittel darstellen, die gut miteinander harmonieren.
Das Prinzip: Je verwandter sich zwei Aromen sind, desto kürzer ist der Zweig des Baumes und desto besser passen die Komponenten zueinander.

Wenn Sie sich zunächst ans Foodpairing herantasten wollen, geht es natürlich auch pragmatischer. Wir haben fünf Beispiele für schnelle, kreative Foodpairings für Sie zusammengestellt:
- Ziegenkäse & Honigmelone: Eine Honigmelone in dünne Scheiben schneiden, mit Ziegenkäse belegen und mit Honig beträufeln, mit gerösteten Pinienkernen toppen. Großartig als Vorspeise.
- Dunkle Schokolade & Blauschimmelkäse: Eine kleine Portion Blauschimmelkäse auf ein Stück dunkle Schokolade (70 % Kakao) legen. Ideal als Snack oder unkompliziertes Dessert.
- Erdbeeren & Basilikum: Erdbeeren vierteln, mit gehacktem Basilikum vermengen und mit Balsamico-Creme verfeinern. Eine erfrischende Mischung für sommerliche Salate.
- Avocado & Zitrusfrüchte: Reife Avocado in Scheiben schneiden, Grapefruitfilets hinzufügen und mit Limettensaft und Salz abschmecken. Aromatisch und gesund.
- Schwarzer Kaffee & Limette: Kaffee frisch brühen und abkühlen lassen, Eiswürfel und eine Scheibe Limette hinzufügen. Die Kombination aus Röstaromen und Säure überrascht Kaffeefans.

Regeln beim Foodpairing: Worauf sollte man achten?
Als Partner der Gastronomie wissen wir natürlich, dass in den meisten Küchen weder Literatur gewälzt noch in Datenbanken nach Zutaten gesucht wird. Außerdem wissen wir, dass Kochen vor allem Leidenschaft bedeutet und viele Profis am Herd eine ganz hervorragende Intuition haben. Deshalb möchten wir Sie ermutigen, sich auf eigene Faust ans Experimentieren mit Aromen zu wagen. Hier kommen fünf pragmatische Regeln fürs Foodpairing, die Sie dabei unterstützen.
1. Gleiche Aromen verbinden
Ob zwei Aromen miteinander harmonieren, können Sie außer durch Tabellen und Algorithmen auch durch Probieren herausfinden. Ein wenig Erfahrung beim Kochen und ein feines Gespür helfen dabei. Wählen Sie für eine harmonische Verbindung Zutaten, die ähnliche Geschmackskomponenten teilen – beispielsweise fruchtige Elemente (wie Zitrusfrüchte und Beeren) oder nussige Noten (wie Parmesan und Walnüsse). Wenn zwei Zutaten ähnlich duften, harmonieren sie oft.
2. Kontraste schaffen
Kontraste sorgen für Spannung und machen Gerichte interessant. Spielen Sie mit Gegensätzen wie süß und salzig (Schokolade mit Meersalz) oder cremig und säuerlich (Avocado mit Grapefruit). Kombinieren Sie unterschiedliche Texturen, um ein abwechslungsreiches Mundgefühl zu schaffen, und geben Sie beispielsweise geröstete Kerne auf eine cremige Suppe oder knusprige Hähnchenhaut auf Mousse au Chocolat (zu letzterem Gericht befragen Sie bitte Peter Coucquyt, ebenfalls Co-Autor von „Die Kunst des Foodpairing“).
3. Regional und saisonal denken
Auch Lebensmittel, die aus derselben Region stammen, passen meist gut zusammen. Mediterrane Komponenten wie Tomaten, Basilikum und Oliven sind ein bekanntes Beispiel für regionale Harmonie. Besonders hochwertig sind saisonale Lebensmittel, die unmittelbar nach der Ernte in den Handel kommen. Mit einem unverwechselbaren Aroma durch besondere Frische punktet der Spargel, den man gemeinsam mit Erdbeeren ganz zeitgemäß in einem Vanille-Risotto verarbeiten kann.
4. Weniger ist mehr
Ein Foodpairing-Gericht sollte nicht mit zu vielen unterschiedlichen Aromen überladen sein. Empfehlenswert sind maximal drei Hauptzutaten, die sich geschmacklich ergänzen oder kontrastieren. Für eine erste Orientierung bieten sich bewährte Kombinationen an, die man mit einer ungewöhnlichen Zutat neu interpretiert. Fast schon ein Klassiker sind Erdbeeren mit Sahne, denen man mit Basilikum oder schwarzem Pfeffer einen spannenden Kick gibt.
5. Riechen, probieren, mutig sein
Ganz wichtig: Vertrauen Sie auf Ihre Sinne! Riechen Sie an den Zutaten und lassen Sie Ihr Gefühl entscheiden, ob sie zusammenpassen könnten. Zu viel Verstand kann beim Experimentieren hinderlich sein. Oder hätten Sie auf Anhieb Appetit auf Blumenkohl mit Schokolade? Wir plädieren deshalb für Intuition und Mut. Probieren Sie immer wieder kleine Portionen einer neuen Kreation und passen Sie Rezepturen an, um das Zusammenspiel zu perfektionieren. Und auch wenn nicht jedes Experiment zündet: Die besten Pairings entstehen oft durch Zufall.
Entdecken Sie unser Foodpairing-Rezept!
Nach so viel Theorie sind Sie vielleicht neugierig geworden und bereit, selbst mit Aromen zu experimentieren. Ein leichter und ganz köstlicher Einstieg ins Foodpairing ist unser heutiges Rezept für einen fruchtigen Flammkuchen.
Unser Pfirsich-Flammkuchen-Rezept besticht durch eine fruchtige Kombination von Pfirsich mit Ziegenkäse und Parmaschinken. Klingt lecker? Ist es auch!