Molekularküche - Wissenschaft trifft Kochkunst
Die Molekularküche bietet eine faszinierende und innovative Art, Speisen zuzubereiten und zu präsentieren, bei der Wissenschaft und Kunst miteinander verschmelzen, um einzigartige kulinarische Erlebnisse zu schaffen. Vermutlich werden Sie erst staunen. Dann aber werden Sie feststellen, dass die Molekularküche längst in unserer alltäglichen Gastronomie Einzug gehalten hat.
Molekularküche: Aufregend anders
Sie haben keine Lust, für einen perfekten Cheeseburger 30 Stunden Arbeitszeit aufzuwenden? Dann können Sie sich die Anschaffung des nicht ganz günstigen sechsbändigen Kochbuchs „Modernist Cuisine: The Art and Science of Cooking“ vermutlich sparen. Auch wir finden, dass man es übertreiben kann. Doch die Idee des molekularen Kochens ist spannend. Wissenschaftler und Köche beschäftigen sich mit dem veränderten Verhalten von Strukturen in Lebensmitteln durch mechanische Einwirkungen, durch Temperaturveränderungen oder durch Verwendung von Zusatzstoffen wie Alginaten. Sie interessiert weniger die Frage, wie ein Gericht am besten gelingt, als vielmehr, warum es auf eine bestimmte Weise gelingt. Indem sie die Gründe und Abläufe von Prozessen genau betrachten und wissenschaftlich analysieren, gewinnen sie Erkenntnisse für neuartige Zubereitungsmethoden. Das Ergebnis sind ausgefallene Speisen, die superkreativ sind und oft ein besonderes Munderlebnis bescheren. Doch dazu später mehr. Werfen wir zunächst einen Blick auf die Herkunft der Molekularküche und ihre weltbekannten Protagonisten.
Molekulargastronomie und das Zentrum des Soufflés
„Es ist absurd, dass wir über die Temperatur im Zentrum der Sonne mehr wissen als über jene im Inneren eines Soufflés“, lautet ein berühmtes Zitat des ungarisch-britischen Physikers und Hobbykochs Nicholas Kurti aus den 1980er-Jahren. Mit seinem Aufsatz „The Physicist in the Kitchen“ legte er den Grundstein für die moderne Molekulargastronomie. Nachhaltig geprägt wurde der Begriff Molekularküche – international auch als modernist cuisine (moderne Küche), culinary physics (Physik der Kochkunst) oder experimental cuisine (experimentelle Kochkunst) bezeichnet – rund zehn Jahre später durch den französischen Physikochemiker Hervé This. This ist bis heute berühmt für seine Forschung zu den molekularen Grundlagen, den physikalischen Prozessen und den chemischen Reaktionen der Kochkunst. Erstmals wissenschaftlich betrachtet wurden Kochvorgänge jedoch schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, als Gelbildner wie Agar-Agar, Carrageen und Xanthan in Convenience-Food-Produkten zum Einsatz kamen, um Konsistenz und Mundgefühl zu beeinflussen.
Der bekannteste internationale Vertreter der modernen Molekularküche ist zweifellos der spanische Koch Ferran Adrià, der 1983 bis 2011 in dem mehrfach ausgezeichneten Restaurant „elBulli“ an der Costa Brava arbeitete und 2011 als einer der einflussreichsten Köche der Gegenwart galt. In Deutschland hat sich Heiko Antoniewicz einen Namen als molekular inspirierter Koch gemacht. Hierzulande ebenfalls bekannt ist der Naturwissenschaftler und Physiker Thomas Vilgis, der auf dem Gebiet der Molekulargastronomie nicht nur forscht, sondern auch populärwissenschaftliche Bücher und Artikel veröffentlicht.
Molekularküche: Methoden und Ausstattung
Doch zurück zur Praxis. Denn neben einer grundlegenden Affinität zu Physik und Chemie und einer ausgeprägten Experimentierfreude bedarf es etwas handwerklichen Könnens und spezieller Ausstattungsgegenstände, um die ausgefallenen Rezepte der Molekularküche zuzubereiten. Beantworten wir also im Folgenden die Frage: Was braucht man für die Molekularküche? Und sicher wollen Sie auch wissen, was ein typisches Gericht der Molekularküche ist.
Die angewandte Molekularküche nutzt Erkenntnisse aus der modernen Lebensmitteltechnologie, um Speisen mit völlig neuartigen Eigenschaften zu erzeugen, wie zum Beispiel Schäume bzw. Airs, warme Gelees, Bonbons aus Olivenöl oder heißes „Eis“, das beim Abkühlen im Mund schmilzt. Eine berühmte Kreation der Molekularküche ist der sphärische Melonenkaviar von Ferran Adrià. Bei der sogenannten Sphärisierung werden flüssige Substanzen in Kugelformen gebracht, die außen fest und innen flüssig sind. Dazu wird die Flüssigkeit mit Algin angereichert und in ein Calciumlactatbad getropft. Als Werkzeuge benötigt man Pipetten oder Spritzen und Sphärifizierungslöffel, das sind spezielle Löffel mit kleinen Löchern. Die Kunst der Verkapselung von Flüssigkeiten findet außer in der Küche inzwischen übrigens auch in Cocktailbars Anwendung.
Molekularküche im Alltag: Emulgieren und Sous-vide garen
Bei anderen Techniken der Molekularküche verlassen wir die Sphären der gehobenen Gastronomie aber schon wieder und finden sowohl die Gelifikation als auch das Emulgieren gar nicht mehr so galaktisch. So ist der banale Wackelpudding ein wirklich sehr alltägliches Beispiel für eine gelungene Gelifikation. Allerdings greift man in der Molekularküche statt zu tierischer Gelatine lieber zu pflanzlichen Bindemitteln wie Algin, Agar-Agar, Gellan oder Xanthan, um geschmackvolle Flüssigkeiten in eine feste Form zu bringen. Auch das Emulgieren ist alles andere als eine Raketenwissenschaft, ein wunderbares Beispiel findet sich an jeder Frittenbude: Mayonnaise. Denn Emulgieren bedeutet nichts anderes, als Substanzen zu verbinden, die sich eigentlich nicht verbinden lassen, in diesem Fall wasser- und fettlösliche Stoffe. Möglich macht diese Verbindung das Lecithin im Ei.
Beim Sous-vide-Garen werden Sie sich jetzt vielleicht fragen: Ach, das gehört zur Molekularküche? Und wir antworten dann: Genau! Denn das französische sous vide bedeutet nichts anderes als unter Vakuum und ist eine typische Methode aus der Molekulargastronomie, um Lebensmittel in einem Wasserbad bei konstant niedrigen Temperaturen zu garen. Außerdem haben Sie sicher schon mal einen essbaren Schaum gemacht – Stichworte: Eischnee und Sahne. In der Molekularküche mag man Espuma herstellen oder neuerdings Air, was beides wörtlich dasselbe bedeutet. Aber natürlich werden hier nicht so banale Lebensmittel wie Sahne geschäumt, sondern Suppen, Soßen oder Dessertkomponenten aus Champagner.
Und jetzt Sie!
Wie Sie sehen, muss man weder ein Chemiestudium absolviert haben, noch ein Labor besitzen oder mit Trockeneis hantieren können, um Gerichte aus der Molekularküche zuzubereiten. Wie wäre es zum Einstieg beispielsweise mit Liquid Drops aus der Molekularküche? Mit diesem ausgefallenen Gruß aus der Küche machen Sie garantiert richtig Eindruck. Zur Herstellung benötigen Sie nicht einmal spezielles Equipment.
Rezept: Molekularküche-Liquid-Drops
Vielleicht sind sie nur eine kleine Spielerei, vielleicht aber auch Ihr Einstieg in die Molekularküche. Schließlich stechen die fruchtigen Kügelchen, die sich aus wenigen Zutaten zaubern lassen, nicht nur jeden Kaviar optisch aus. Sie werden damit auch Ihre Gäste ordentlich beeindrucken. Denn dass unsere Liquid Drops aus der Molekularküche ganz leicht und ohne besonderes Equipment herzustellen sind, merkt wirklich keiner.