Sauerteig mit Zutaten, Wasser und Mehl, sowie einem fertig gebackenen Sauerteigbrot auf Schieferuntergrund.

SAUERTEIGBROT: DIE LEGENDE LEBT

Menschen und Dingen, die eine gewissen Berühmtheit erlangt haben, widmet man ja gerne mal ein Museum oder benennt Straßen nach ihnen. Der Sauerteig bringt es immerhin auf eine eigene Bibliothek, was uns zu der Frage bringt: Was macht Sauerteigbrot eigentlich so besonders? Und wo wir uns schon mal mit dem Thema beschäftigen, geben wir gleich auch Antworten auf die Fragen: Wie wird Sauerteig hergestellt? Und natürlich: Ist Sauerteig in der Gastronomie sinnvoll? Das wird am Ende natürlich Ihre Entscheidung sein.

Kennen Sie Karl de Smedt? Der Belgier hat einen ganz besonderen Job: Er ist Sauerteig-Bibliothekar. Ja, Sie haben richtig gelesen. Und obwohl man in Teig zweifelsfrei nicht lesen kann, erforscht, pflegt und füttert der Herr der Sauerteige in der weltweit einzigartigen Bibliothek im belgischen St. Vith über 146 Sauerteigkulturen aus 30 Ländern. Sie sehen, nicht nur hierzulande ist man brotverrückt. Aber Sauerteig ist tatsächlich eine Wissenschaft für sich, und de Smedt kennt nicht nur die Geschichte jedes einzelnen seiner Teige – die ältesten stammen aus dem 19. Jahrhundert – er gibt ihnen auch Namen und spricht mit ihnen. Also, wenn keiner zuhört. Aber was macht Sauerteigbrot eigentlich so besonders?

frisch hergestellter Roggensauerteig in einem hohen Schraubglas

Sauerteig ist Teamarbeit

Das Besondere am Sauerteig ist zweifellos, dass er lebt. Um ihm zum Leben zu erwecken, braucht es nur zwei Zutaten: Mehl und Wasser. Denn im Mehl sind Mikroorganismen, und zwar Hefepilze und Milchsäurebakterien, die durch Wasser aktiviert werden. Diese verstoffwechseln die Stärke im Mehl. Dabei entsteht durch die Hefe Alkohol und CO2 und durch die Milchsäurebakterien Milch- und Essigsäure. Die Folge des Zusammenspiels der fleißigen Helferlein: Der Teig gärt und wird locker. Das daraus entstehende Brot wird aromatischer, haltbarer und besser verdaulich als andere Brote.
Eine weitere Besonderheit ist, dass Roggenmehl praktisch nur mit Sauerteig zu einem Brot verarbeitet werden kann. Denn während Weizenmehl mit reiner Hefe als Backtriebmittel auskommt, muss dem Roggenmehl Säure hinzugefügt werden. Die Milchsäurebakterien produzieren diese in Form von Milchsäure und Essigsäure. Sie bremst die Wirkung mehrerer Enzyme im Mehl aus, welche die Stärke schädigen und die Wasseraufnahme verringern. Ohne Säure würde ein Roggenbrot flach bleiben und kaum aufgehen.

Frisch gebackenes Roggensauerteigbrot auf einem Holzbrett mit einer grauen Leinenserviette.

Vorteile von Sauerteigbrot

Brot und Brötchen aus Sauerteig werden besonders luftig und lecker und sind auch ohne zugesetzte Konservierungsstoffe länger haltbar. Vor allem Vollkornprodukte erhalten durch Sauerteig einen besseren Geschmack. Aber ist Sauerteig auch gesünder als normales Brot? Tatsächlich bringt Sauerteigbrot eine Reihe gesundheitlicher Vorteile mit. So unterstützt Sauerteig den Körper dabei, die wertvollen Nährstoffe aus dem Mehl aufzunehmen. In vielen Mehlsorten stecken natürliche Verbindungen, die sogenannten Phytate, die Mineralien wie Kalzium, Eisen, Magnesium und Zink fest binden und so deren Aufnahme erschweren. Die Milchsäurebakterien im Sauerteig neutralisieren diese Phytate und machen die Nährstoffe dadurch für den Körper besser verfügbar. Durch den Fermentierungsprozess kann Sauerteigbrot zudem leichter verdaulich sein und weniger Verdauungsbeschwerden verursachen als herkömmliches Brot.

Sauerteig in Weckgläsern mit unterschiedlichem Gärgrad

Wie wird ein Sauerteig hergestellt? 

Neben den beiden Grundzutaten Mehl und Wasser benötigen Sie für die Herstellung eines Sauerteigs vor allem eine Portion Geduld. Rund zwei Tage brauchen die Milchsäurebakterien, um die Menge an Kohlenstoffdioxid zu produzieren, die den Teig aufgehen lässt. Doch die Ausdauer wird belohnt. Denn vom rustikalen Roggenbrot bis hin zum feinen Ciabatta macht Sauerteig Backwaren einfach wunderbar locker und gibt ihnen einen unvergleichlich feinen Geschmack. Der Einsatz von Sauerteig eignet sich für Roggen-, Dinkel- und Weizenteige.

Grundrezept für ein Roggen-Sauerteigbrot 

  • Für den Roggen-Sauerteig-Starter 3 EL Roggenmehl und 3 EL lauwarmes Wasser in ein kleines Glas mit Deckel geben und gut vermischen. Den Deckel nur locker auf das Glas auflegen und für 24 bis 48 Stunden an einem möglichst warmen, zugfreien Ort stellen. Den Starter täglich umrühren. Nach den ersten 24 bis 48 Stunden weitere 3 EL Roggenmehl und 3 EL Wasser zugeben und weitere 24 Stunden ruhen lassen. 
  • Für den Vorteig 100 g Roggenmehl, 100 ml lauwarmes Wasser und den Starter verrühren. Abgedeckt weitere 24 Stunden ruhen lassen. Anschließend vom Vorteig etwas Teig abzweigen, um einen Starter für das nächste Sauerteigbrot zu haben – man spricht hier vom „Anstellgut". Dieses bis zur nächsten Verwendung im Kühlschrank aufbewahren. 
  • Für das Sauerteigbrot 500 g Roggenmehl, 1 TL Fenchelsamen, 1 TL Honig, 200 g Roggenschrot, 10 g Salz, den Vorteig und 600 ml lauwarmes Wasser miteinander vermengen. Den Teig in die mit Roggenschrot bemehlte Form geben, mit dem restlichen Roggenschrot bedecken und zugedeckt noch etwa 6-7 Stunden gehen lassen. 
  • Den Backofen auf 240°C Ober-/Unterhitze vorheizen. Das Brot im Backofen etwa 20-30 Minuten backen. Nach dieser Zeit die Hitze des Ofens auf 160°C Ober-/Unterhitze herunterstellen und das Brot weitere 20-30 Minuten backen. Das Brot einige Minuten in der Form ruhen lassen, dann auf ein Kuchengitter stürzen und auskühlen lassen.

Wie lagere ich Sauerteig?

Theoretisch – siehe Sauerteig-Bibliothek – kann der Teig Sie überleben. Aber wer will das schon. Ihn länger zu nutzen ist aber sehr sinnvoll und spart Arbeit. Dazu müssen Sie das Anstellgut des Sauerteigs regelmäßig „füttern“. Nehmen Sie es dazu etwa alle 3 bis 4 Wochen aus dem Kühlschrank, geben Sie 50 g Roggenmehl und 50 ml Wasser hinzu und vermengen Sie das Ganze mit einer sauberen Gabel. Anschließend wird das Anstellgut wieder gereift, indem man es bei rund 5 Stunden bei Raumtemperatur stehen lässt. Danach kommt es zurück in den Kühlschrank. Wichtig: Da das Anstellgut Luft braucht, das Glas nicht komplett verschließen. Ein kleines Loch im Deckel reicht aber. Anstellgut kann trotz aller Pflege auch schlecht werden. Dann riecht es unangenehm oder bildet sich Schimmel. Der Grund ist, dass man nicht beeinflussen kann, welche Mikroorganismen aus der Umgebung sich über die Zeit ansiedeln.

Sauerteig mit Fertigextrakt

Sauerteig gelingt am besten mit Weizen- oder Roggenmehl, Dinkelsauer ist etwas kniffliger. Für Dinkelbrot mit Sauerteig bietet es sich daher an, auf Weizen oder Roggen zurückzugreifen. Noch unkomplizierter wird es mit Trockensauer, einem praktischen Backferment in Pulverform, das sich für rustikale Brote mit natürlichem Sauerteiggeschmack eignet. Da dieser Sauerteigextrakt keine Hefe enthält, müssen Sie sie separat hinzufügen. Mit dieser Methode dauert es nur etwa zwei Stunden, bis der Teig aufgegangen ist. Wenn Sie sich zusätzlich das Kneten ersparen möchten, ist ein No-Knead-Rezept die beste Wahl – diese unkomplizierten Teige eignen sich besonders gut für das Backen von Brot im Topf.

Ist Sauerteigherstellung in der Gastronomie sinnvoll?

Wenn Sie Gastronomin oder Gastronom sind, stellen Sie sich jetzt vielleicht die Frage, ob Sie sich nicht lieber ein Haustier als einen Sauerteig anschaffen wollen. Ihre Gäste werden letzteres mehr zu schätzen wissen. Denn in Hotels und Restaurants ist ein selbst hergestelltes Sauerteigbrot einfach ein Statement. Nicht umsonst hat gutes Brot einen festen Platz in der gehobenen Gastronomie. Wer das Brot dann noch im Gastraum unter den Blicken der Gäste frisch aufschneidet, dem ist die Anerkennung von Gourmets sicher. Aber auch wenn Sie keinen Stern haben, lohnt sich der Aufwand. Denn der Brotkorb vor dem Menü ist die Visitenkarte Ihres Hauses. Mit frischem Brot aus eigener Produktion bringen Sie Ihren Gästen Wertschätzung entgegen und zeigen, wie wichtig Ihnen die Qualität Ihrer Speisen ist.

So setzen Sie Ihr Sauerteigbrot in der Gastronomie in Szene:

  • Zelebrieren Sie das Aufschneiden in einem schön gestalteten Brotbereich in Ihrem Gastraum.
  • Servieren Sie das Brot in ausgefallenen Körben oder anderen dekorativen Behältnissen wie Tontöpfen oder Papiertütchen.
  • Weniger ist mehr. Brot soll Ihre Gäste nicht zu sehr sättigen. Es ist nur Auftakt und ersetzt keine Vorspeise.
  • Servieren Sie zum Brot einen ebenfalls selbst hergestellten Dip.
  • Informieren Sie Ihre Gäste in der Speisekarte über Ihr selbst hergestelltes Sauerteigbrot. Damit beeindrucken Sie schon bevor Sie es servieren.

Rezept: Bruschetta mit Ziegenkäse und Zwetschgen

Am letzten Freitag im September begehen wir seit nunmehr 25 Jahren den Tag des Deutschen Butterbrotes. Dass das ein typisch deutscher „Feiertag“ ist, verwundert kaum. Schließlich werden hierzulande täglich über 3.000 unterschiedliche Brotspezialitäten gebacken und verkauft. Also lassen Sie uns den 27.09. zusammen feiern. Zum Beispiel mit einem wunderbaren Rezept für eine abgewandelte Bruschetta mit Sauerteigbrot.