Verschiedene marokkanische Speisen auf einem Holztisch angerichtet mit Tajine.

Die marokkanische Küche

DAS AROMEN-WUNDER

Üppig, bunt, raffiniert und ein Wunder an Aromen: die marokkanische Küche. In kulinarischen Kreisen gilt sie als eine der abwechslungsreichsten Küchen der Welt, was sicher auch an den zahlreichen Einflüssen liegt, die die arabischen, die berberischen, die andalusischen, die afrikanischen und die jüdischen Nomaden, Händler, Einwanderer und Eroberer hinterlassen haben. Sie durchstreiften Marokko in sämtlichen Himmelsrichtungen und hinterließen dabei ihre jeweiligen Spuren, die Land und Küche bis heute prägen. Gerne nehmen wir Sie auf eine kulinarische Entdeckungsreise mit und lernen Kultur und Küche dieses aufregenden Landes noch besser kennen.

Verschiedene Speisen und Gewürze, die in Behältern gelagert und auf einem Souk zum Verkauf angeboten werden.

Souk – der Mittelpunkt von Kultur und Kulinarik

Einen ersten Ein- und Überblick in die Küche Marokkos erhält man schon beim Besuch eines Souks, der Sinnbild ist für das kulturelle und traditionelle Leben vor Ort und gleichzeitig fast immer das heimliche Herz einer Stadt. Zahllose Stände, Handwerker, Köche, Düfte, Aromen und mittendrin Menschen, die sich den prächtigen Farben, den verschiedensten Speisen, der schieren Auswahl der feilgebotenen Waren und Produkte kaum entziehen können.

Frische Minze, zahlreiche Gewürze, geröstetes Fleisch oder gegrillter Fisch, frisches Brot und süßes Backwerk – die Geruchs- und Geschmackssensoren arbeiten beim Besuch eines Souks auf Hochtouren. Und der bloße Anblick von Gebäck, Honig-Crêpes, diversen frischen Brotsorten sowie den landestypischen Klassikern wie Tajine oder Couscous lässt das Herz des Kenners, Könners oder Genießers unwillkürlich höherschlagen.

Der bekannteste Souk ist übrigens der gigantische Djemaa el-Fna in Marrakesch, also im Südwesten des Landes, der als größter Basar Afrikas überhaupt gilt. Der Markt ist Sammelplatz für verkaufstüchtige Händler, Köche, Bäcker und Handwerker aller Art, Schausteller, Wasserträger und jene, die sich in diesem Trubel verlieren möchten. 

Zum zweiten Mal erwacht der Marktplatz übrigens bei Nacht, wenn sich Gaukler, Schlangenbeschwörer, Geschichtenerzähler, Wahrsager oder Feuerschlucker versammeln und das Publikum mit ihren Darbietungen unterhalten.Es ist diese einmalige Kombination aus Musik und Tanz, Bräuchen und Mythen, Sprachen und Nationen, die die UNESCO im Jahr 2001 dazu bewog, den Djemaa el-Fna in die Liste des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit aufzunehmen.

Allerdings gibt es nicht nur diesen „Star der Szene“ – in Marokko ist es vollkommen üblich, dass jede Stadt und jedes Dorf einen eigenen Souk besitzt, manche sogar gleich mehrere.

Das marokkanische Gericht Pastilla auf einem Tisch angerichtet.

Auf Traditionen setzen

Couscous, Tajine und Pastilla: Diese drei Gerichte bilden die Grundlagen der marokkanischen Küche. Ihr jeweiliger Ursprung ist jedoch unterschiedlich, weil die Gerichte aus den verschiedensten Gegenden nach Marokko „importiert“ wurden.

Couscous – das aus befeuchtetem und zu Kügelchen zerriebenem Grieß aus Hartweizen, Gerste oder Hirse besteht – wird in Marokko so gut wie immer immer in Kombination mit Gemüse oder Fleisch serviert. Seine Ursprünge liegen ebenso wie die Tajine wohl bei den Berbern, also denjenigen Menschen, die seit jeher überall in Nordafrika leben. Die Tajine ist ein Tontopf mit spitz zulaufendem Deckel, der für die Zubereitung von verschiedenen Speisen über einem Holzkohle-Feuer platziert wird.

Bei der Pastilla – knusprig gebackenen Filoteigtaschen – reichen die Einflüsse bis nach Andalusien. Nachdem gegen Ende des 15. Jahrhunderts die letzte islamische Stadt in Spanien, Granada, gefallen war und es in der Folge für Menschen muslimischen Glaubens zunehmend schwer wurde, in Spanien zu verbleiben, suchten zahlreiche Muslime Schutz und Unterkunft im Maghreb, also in der Gegend, die wir heute Nordafrika und Westsahara nennen. Auf ihrer Reise brachten sie dann auch ihre kulinarischen Traditionen mit, zum Beispiel die Pastilla (deren Name allein ja schon ziemlich spanisch klingt).

Traditionell wird die Pastete eigentlich mit Taubenfleisch gefüllt, da dieses aber nicht immer leicht zu bekommen war, wich man zunehmend auf Huhn aus. Weitere Alternativen sind Fisch oder auch Innereien. Üblicherweise bildet die Pastilla die Vorspeise, die den Hauptgängen einer Mahlzeit vorausgeht. Die Besonderheit des Teiggebäcks liegt in den verschiedenen Geschmacksnuancen, die jeweils süß und salzig kombinieren: In einer Pastilla treffen Schichten von Blätterteig, gesalzenem Fleisch und Gewürzen auf geröstete Mandeln und Prisen von Zimt und Zucker.

Beliebte Festessen in Marokko sind der Mechoui, ein Hammelbraten, sowie die Bestella, eine Geflügelpastete mit Früchten. Zur Fastenzeit wird oft die HARIRA serviert, eine Suppe aus Bohnen oder Linsen mit Lamm. Die Harira ist über die Landesgrenzen Marokkos hinaus in der ganzen arabischen Welt beliebt.

Die marokkanische Küche ist bekannt für ihre Farben, ihre geschmackliche Vielfalt und vor allem für den Einsatz unterschiedlichster Gewürze mit einer ausgesprochen interessanten und ausgeglichenen Mischung zwischen süß und pikant.

Bei den Getränken fällt die Wahl in Marokko vergleichsweise einheitlich aus. So ziemlich überall im Land bekommt man den Minztee gereicht, eine Mischung aus Schwarztee und frischen Pfefferminzblättern. Traditionell auf den meisten Getränkekarten zu finden sind auch die Mandelmilch und eine große Auswahl an Fruchtsäften. Ebenfalls gerne getrunken und geschätzt wird Kaffee, der im Geschmack würzig und gleichzeitig süß ist. Oft wird er mit Kardamom, Zimt, Zucker und einer Prise Pfeffer aromatisiert.

Weinland Marokko

Marokko ist bekannt für seine Rotweine, die sich über die Landesgrenzen hinaus eines ausgezeichneten Rufs erfreuen. Auch wenn die meisten Marokkaner aufgrund ihrer Religion natürlich keinen Alkohol trinken, blickt das Land in Bezug auf Wein auf eine lange Historie zurück. So wurden die Grundsteine für den Weinanbau schon im 2. Jahrtausend vor Christus durch die Phönizier gelegt (die vom östlichen Mittelmeer kamen, also daher, wo heute Syrien, Libanon und Israel zu finden sind). Sie brachten über ihre Handelsrouten Weinreben mit und kultivierten sie in Marokko weiter.

Als dann die Römer Mitte des 1. Jahrhunderts im Land eintrafen, wurde der Weinanbau nochmals intensiviert. Zwischenzeitlich jedoch kam die Produktion von Wein auch für lange Zeit vollständig zum Erliegen, als die Araber im 7. Jahrhundert weite Teile Marokkos eroberten. Erst mit der Ankunft französischer Kolonialisten zu Beginn des 20. Jahrhunderts lebte die Tradition wieder auf.

Ein gemeinsames Abendessen in Marokko.

Zu Tisch!

Ein marokkanisches Essen umfasst in der Regel mehrere Gänge. Die Gastgeber sind immer auf mehrere Besucher eingestellt, denn das Einladen von Freunden und Bekannten zum gemeinsamen Speisen gehört in Marokko zum Alltag und zur Kultur ganz allgemein. Anders, als wir es vielleicht gewöhnt sind, werden die Gerichte allerdings nicht portionsweise auf einzelne Teller aufgeteilt, sondern auf einem großen Teller in der Mitte des Tisches serviert und gemeinsam genossen, indem sich jeder Gast das von dem Teller nimmt, wonach ihm ist. Typischerweise isst man mit der Hand, allerdings wird es zunehmend auch akzeptiert, wenn man zum Beispiel einen Löffel zu Hilfe nimmt. Das Wohl des Gastes steht während des Essens zu jedem Zeitpunkt im Vordergrund. Eine ausgetrunkene Tasse Tee wird immer ohne weitere Nachfrage aufgefüllt, Brot immer wieder nachgereicht.

Auch die Essenszeiten fallen in Marokko für gewöhnlich anders aus als hierzulande. Zu Mittag gegessen wird in der Regel zwischen 12 und 16 Uhr, das Abendessen folgt dann gegen 19 bis 21 Uhr. Es kann jedoch immer auch kleine regionale Abweichungen geben.

Festlichkeiten und Bräuche

Der Ramadan ist eine der wichtigsten muslimischen Traditionen überhaupt. Als neunter Monat des islamischen Mondkalenders beginnt er immer mit dem Neumond und läuft einen vollständigen Mondzyklus lang. Der Fastenmonat soll den Muslimen helfen, den Glauben zu stärken, und Raum zur Selbstbesinnung bieten. So darf während des Ramadans vor Sonnenuntergang weder gegessen noch getrunken werden. Erst am Abend trifft man sich, um das Fasten zu brechen und wieder Nahrung und Getränke zu sich zu nehmen (auch das Trinken von Wasser ist – bis auf wenige Ausnahmen – tagsüber tabu). Auf den öffentlichen Plätzen werden dann überall Essensstände aufgebaut, um in Gesellschaft zu feiern. Mit dem sogenannten „Eid al-Fitr“ endet schließlich der Ramadan, was in Marokko traditionell mit Datteln, Honigkuchen und Linsensuppe gefeiert wird.

Das Opferfest im August gilt als wichtigstes Fest im Islam, so natürlich auch in Marokko. Vier Tage lang wird hier des islamischen Propheten Ibrahim gedacht. Während der Festlichkeiten ist es üblich, Tiere zu opfern, zumeist Ziegen oder Schafe.

Im Herbst wird in der Region Erfoud das Dattelfest gefeiert. Hierbei wird gemeinsam der Ernte gedacht, es kommen Menschen aus ganz Südmarokko zusammen. Überhaupt genießt die Dattel einen sehr hohen Stellenwert in der marokkanischen Küche und ist oft Bestandteil einer Tajine, eines Kuchens oder auch einer Suppe.

Besonders populär sind in Marokko übrigens die Medjool-Datteln, die lange Zeit nur Königen vorbehalten waren. Besonders süß im Geschmack (ohne zusätzliche Zugabe von Zucker), heben sie sich qualitativ deutlich von anderen Dattelsorten ab. Auch Ernte und Verarbeitung unterscheiden sich wesentlich, da Medjool-Datteln so lange auf der Palme bleiben, bis sie vollständig reif sind. Und das kann rund zehn Jahre dauern ...

Auf den Geschmack gekommen?

Hier finden Sie zwei fantastische Rezepte aus der marokkanischen Alltags-Küche!