Rhabarber: Sauer macht lecker
Gemüse oder Obst? Botanisch betrachtet ist der ursprünglich aus dem Himalaja stammende Rhabarber ein Gemüse. Doch die roten, säuerlichen Stangen werden meistens süß verarbeitet – vor allem in Kuchen, Marmeladen, Desserts und Limonaden. Einerseits verständlich, denn Rhabarber ist ohne Zucker kaum zu genießen. Andererseits eröffnet seine Verwendung als Gemüse völlig neue kulinarische Perspektiven. Zeit also, sich die einzelnen Rhabarbersorten etwas genauer anzusehen und sich mit den Verwendungsmöglichkeiten von Rhabarber in der Küche zu beschäftigen. Außerdem gibt es Tipps für Einkauf, Lagerung und Zubereitung von Rhabarber.

Rhabarber eröffnet die Gemüsesaison
Frisches Obst und Gemüse hat in unseren Großmärkten immer Saison. Trotzdem ist es jedes Jahr etwas Besonderes, wenn das erste Freilandgemüse aus der Region in die Regale kommt. Zu den echten Frühstartern gehört der Rhabarber, der – ebenso wie der Sauerampfer – zur Familie der Knöterichgewächse zählt und botanisch gesehen deshalb ein Gemüse ist. Das sieht man überall so, außer in den USA, wo der Rhabarber 1947 per Gesetz zum Obst erklärt wurde. Punkt. Dem Rhabarber dürfte das schnuppe sein, denn er ist ganz unabhängig von seiner Zuordnung einfach ein superspannendes Lebensmittel. Doch bevor wir uns mit seinen Besonderheiten und seiner Zubereitung beschäftigen, werfen wir einen kurzen Blick auf seine Herkunft und schauen uns die einzelnen Rhabarbersorten an. Denn da gibt es deutliche Unterschiede.

Von der Heilpflanze zum Gemüsehit
Spätestens seit gerappte Zungenbrecher mit Rhabarber in den sozialen Medien viral gegangen sind, dürfte der originelle Gemüsename weithin bekannt sein. Doch woher stammt der Name Rhabarber eigentlich? Tatsächlich hat er etwas mit Barbaren zu tun, denn der botanische Begriff Rheum rhabarbarum ist lateinischer Herkunft und bedeutet fremdländische (barbarische) Wurzel. Das war der Rhabarber auch lange Zeit, denn die in Ostasien seit Jahrtausenden bekannte Heilpflanze fand erst im 18. Jahrhundert ihren Weg nach Mitteleuropa. Richtig populär wurde der Rhabarber gegen Mitte des 19. Jahrhunderts, als die sauren Stangen mit Industriezucker endlich preiswert genießbar gemacht werden konnten. Heute ist der Rhabarber aus unseren Frischeregalen nicht mehr wegzudenken. Im Jahr 2023 wurden deutschlandweit rund 22.243 Tonnen im Freiland geerntet, die regionalen Schwerpunkte für den Rhabarberanbau liegen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Weil der Rhabarber so robust und anspruchslos ist, wird er auch von Hobby-Gärtnerinnen und -gärtnern geschätzt. Die offizielle Saison für Rhabarber endet gemeinsam mit der für den Spargel: am 24. Juni, dem Johannistag.
Grün oder rot: Die Farbe entscheidet über die Säure
Rhabarber ist nicht gleich Rhabarber. Die Sorten unterscheiden sich in der Farbe der Stiele und des Fruchtfleischs, was sich auf den Geschmack und die Verwendung des Gemüses in der Küche auswirkt. Außerdem wird der Geschmack von Rhabarber von Faktoren wie Bodenbeschaffenheit, Klima und Anbaumethoden beeinflusst. Daher kann der Geschmack derselben Sorte je nach Region variieren.
Im Handel finden sich hauptsächlich rotstielige Rhabarbersorten. Einige Namen verraten, dass der Grundstein für die Weltkarriere des Rhabarbers in Großbritannien gelegt wurde. Perfektioniert wurde sein Anbau vor allem in Chelsea und Yorkshire. Die Züchtungen aus dem britischen „Rhabarberdreieck“ (Rhubarb Triangle) im Norden des Landes sind bis heute etwas Besonderes.
Eine ertragreiche, mittelfrühe Sorte mit dunkelroten Stielen und grünem bis rosa Fruchtfleisch. Sie hat einen typischen, ausgeprägten Rhabarbergeschmack mit einer deutlichen Säure. Aufgrund ihrer Robustheit und ihrer guten Kultur- und Geschmackseigenschaften wird sie viel und gerne angebaut und gilt deshalb als die bekannteste rotstielige Rhabarbersorte.
Diese Sorte zeichnet sich durch lange, grünliche Stiele aus und enthält weniger Oxalsäure als andere Rhabarbersorten. Dadurch wird bei der Zubereitung weniger Zucker benötigt. Zudem bleibt sie bis zum Ende der Erntezeit Anfang Juli zart, wenn andere Sorten bereits bitter und holzig schmecken. Eine weitere Besonderheit ist, dass Rhabarber der Sorte Glaskin’s Perpetual bereits im ersten Anbaujahr geerntet werden kann.
Eine sehr frühe, frostunempfindliche Sorte mit langen, schlanken Stielen, die leuchtend rot gefärbt sind. Sie eignet sich besonders für die Treiberei, also die winterliche Kultivierung in einem Treibhaus, die eine Ernte bereits im Dezember möglich macht. Abgedeckt im Freien gezogen ist Timperley Early ab Februar reif zur Ernte. Auch diese Sorte ist zart und kann auch am Ende der Saison noch geerntet werden. Timperley-Early-Rhabarber ist daher kommerziell vielseitig einsetzbar.
Victoria ist die älteste Rhabarbersorte, die bis heute angebaut wird. Sie lässt sich unkompliziert aus Samen ziehen und eignet sich ebenfalls für die Treiberei. Victoria-Rhabarber produziert besonders dicke, breitrunde Blattstiele, die bis zu ein Kilogramm schwer werden können. Die Stängel sind außen kardinalrot, das Innere ist grün mit roten Flecken oder Sprenkeln. Victoria ist weniger intensiv im Geschmack als andere Rhabarbersorten, ist vielseitig verwendbar und liefert einen großen und langjährigen Ertrag.
Eine Rhabarbersorte mit rubinroten Blattstielen, gelbgrünem Fleisch und fruchtigem Aroma. Von der Royal Horticultural Society in England wurde Fulton’s Strawberry Surprise zur schmackhaftesten Sorte gewählt. Die winterharte Sorte wächst in vielen Klimazonen, ist langlebig und pflegeleicht, wodurch sie auch ungeübten Hobby-Gartenfans eine Freude macht.
Die auch als Rosen-Rhabarber bekannte, sehr ertragreiche Sorte ist noch recht jung und stammt aus den Niederlanden. Ihr Name bedeutet übersetzt „himbeerrot“ und weist damit sowohl auf die langen, roten Stiele als auch auf den Erdbeer- und Himbeer-Duft der Sorte hin. Frambozen Rood hat ein zartes, grünes Fruchtfleisch, ein fruchtiges Aroma und eignet sich aufgrund seiner guten Koch- und Verarbeitungseigenschaften für viele Verwendungszwecke.
Diese englische Sorte zeichnet sich durch halb rot und halb grün gefärbte Stiele und ein grünes Fruchtfleisch aus. Sie ist wenig anfällig für Schädlingsbefall und bietet durch ihren langen Erntezeitraum von Ende März bis Ende Juni einen sehr guten Ertrag. The Sutton schmeckt mild-säuerlich und ist damit weniger sauer als einige andere grünfleischige Sorten.
Eine optisch besonders ansprechende Sorte mit tiefrot leuchtenden Stielen und rotem Fruchtfleisch. Vierländer-Blut-Rhabarber besticht durch einen erfrischend süßlichen, aromatischen Geschmack mit milder Säure. Die robuste, winterharte Pflanze hat lange, kräftige Stiele und ist ab April genussreif.
Die Sorten Frambozen Rood, The Sutton und Vierländer Blut findet man vor allem im Hobby-Anbau und bei spezialisierten Gärtnereien. Im großflächigen kommerziellen Anbau sind sie bislang noch nicht stark verbreitet. Wegen ihrer besonderen Eigenschaften und Geschmacksprofile gewinnen sie jedoch immer mehr Aufmerksamkeit.

Die Sache mit der Oxalsäure
Rhabarber gehört ebenso wie Spinat und Mangold zu den Gemüsesorten, die Oxalsäure beinhalten. Die starke organische Säure wirkt sich nicht nur auf den Geschmack aus, sondern hat unter anderem die unerwünschte Eigenschaft, die Calciumaufnahme im Körper zu hemmen. Auch für Menschen mit empfindlichem Magen oder Nierenproblemen kann zu viel Oxalsäure eine Belastung darstellen. Deshalb gelten Rhabarbersorten mit einem niedrigen Gehalt an Oxalsäure als schonender. Sie schmecken weniger sauer, sind angenehmer im Aroma und benötigen weniger Zucker oder andere neutralisierende Zutaten, um bekömmlich zu sein.
Ein echtes Problem stellt die Oxalsäure aber nicht dar. Zum einen ist sie wasserlöslich, sodass ein Teil davon beim Kochen ins Wasser übergeht (deshalb das Kochwasser immer wegschütten). Abschwächen kann man die Wirkung auf Calcium, indem man Rhabarber mit calciumreichen Lebensmitteln wie Milchprodukten kombiniert. Sie binden die Oxalsäure und verhindern die Aufnahme im Körper. Der saure Geschmack lässt sich mit süßen Zutaten wie Zucker, Honig oder Ahornsirup sowie mit basischen Lebensmitteln (Mandeln, Bananen, Kartoffeln) ausgleichen.

Rhabarber in der Küche: mal süß, mal herzhaft
Nach so viel Rhabarberkunde wird es Zeit, sich mit seinem Einsatz in der Küche zu beschäftigen und die Frage zu beantworten: Was passt eigentlich zu Rhabarber? Der Klassiker sind natürlich Erdbeeren, die praktischerweise nicht nur zeitgleich mit Rhabarber regional frisch geerntet werden, sondern mit ihrer Süße auch geschmacklich perfekt harmonieren – siehe Marmelade, Kompott und Kuchen. Auch mit Apfel bildet Rhabarber ein köstliches Team. Probieren Sie beispielsweise mal einen Apfel-Rhabarber-Blechkuchen mit Streuseln oder einen warmen Apfel-Rhabarber-Strudel mit Vanillesoße. Lecker!
Doch Rhabarber eignet sich nicht nur für süße Speisen, schließlich ist er ja ein Gemüse. Da liegt es nahe, ihn auch mal herzhaft zu verarbeiten. Kulinarisch schlüssig ist das der Marmelade verwandte Chutney, das man aus Rhabarber, Erdbeeren, Ingwer, Chilischoten und Balsamico herstellen und zu Ziegen- oder Schafskäse reichen kann.
Ungewöhnlicher (und noch spannender) ist Rhabarber als Beilage zu Fleischgerichten. Ob Schweinefilet mit Rhabarbergemüse oder Rinderfilet mit Rhabarbersoße: Kreative Rezepte finden sich reichlich. Besonders frühlingshaft schmeckt Rhabarber in einem Salat, passend kombiniert etwa mit grünem Spargel und roten Linsen. Auch zu asiatischen Gerichten passt Rhabarber ganz hervorragend, beispielsweise in ein Curry aus Linsen, Süßkartoffeln und Kokosmilch, verfeinert mit einem Mix aus exotischen Gewürzen.
Unser Tipp: Einfach mutig sein und ausprobieren, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Rhabarber: Einkauf und Lagerung
Rhabarber sollten Sie nach dem Kauf rasch aufbrauchen, er verfällt relativ schnell. Am besten lagert man die Stangen in ein feuchtes Tuch gewickelt im Gemüsefach des Kühlschranks, so bleiben sie für etwa drei Tage frisch. Rhabarber lässt sich auch wunderbar einfrieren. Dazu schneidet man die gewaschenen und geputzten Stangen am besten in Stücke und füllt sie portionsweise in Gefrierbeutel. So hält er sich rund zehn Monate. Bei Zimmertemperatur sollte Rhabarber nicht länger als 24 Stunden lagern. Ob die Stangen frisch sind, erkennt man an ihrer festen Konsistenz und der typischen rötlich-grünen Farbe. Ein Kennzeichen besonderer Frische sind noch leicht feuchte Schnittstellen.
Und wann kann man Rhabarber nicht mehr essen? Untrügliche Zeichen für verdorbenen Rhabarber sind Schimmelbildung und von außen sichtbare braune Verfärbungen. Auch wenn die Stangen bereits sehr weich sind, sollten sie nicht mehr verzehrt werden.
Schritt für Schritt: Rhabarber richtig zubereiten
- Schneiden Sie die Stangen zunächst sowohl am oberen als auch am unteren Ende großzügig ab und entfernen Sie die grünen Blätter.
- Befreien Sie die Stängel unter fließendem Wasser sorgfältig von Sand und Schmutz und trocknen Sie sie mit einem Küchentuch ab.
- Zum Schälen setzen Sie ein Küchenmesser an einem der abgeschnittenen Enden an und ziehen die Fasern der Länge nach ab. Wiederholen Sie das Prozedere, bis sich keine Fasern mehr lösen. Alternativ können Sie auch einen Sparschäler verwenden.
- Abschließend werden die Stangen klein geschnitten und können blanchiert, gedünstet oder gekocht werden.
Rhabarber zu schälen ist übrigens generell empfehlenswert, denn die äußersten Fasern des Gemüses enthalten besonders viel Oxalsäure. Je älter und dicker die Stangen sind, desto höher ist der Gehalt an Oxalsäure. Außerdem haben die Schalen eine holzige Konsistenz, was für den Genuss nicht gerade förderlich ist. Einzig und allein bei ganz jungen Stangen können Sie aufs Schälen auch mal verzichten.
Jetzt aber nichts wie ran an die Stangen!
Wir können Ihnen hier natürlich viel erzählen über leckere herzhafte Gerichte mit Rhabarber. Aber alle Theorie ist bekanntlich grau, und so wird es Zeit für die bunte Praxis mit diesem herrlichen rosa-grünen Rezept für ein Risotto mit Rhabarber.
Besondere Kombination
Dieses Risotto ist nicht von der Stange – und das, obwohl Stangen die Hauptrolle spielen. Denn die Kombination aus Rhabarber und grünem Spargel ist wahrlich ein einzigartiger Genuss. Nicht nur für Fans der beiden so gegensätzlichen Gemüsesorten, sondern auch für alle, die gerne regional und saisonal kochen. Am besten, Sie machen sich gleich auf den Weg zu uns und shoppen die frischen Zutaten für das frühlingshafteste Risotto aller Zeiten.